Werdegang als Künstler
"Die künstlerische Arbeit gibt Raum für neue Erfahrungen und lässt mich immer wieder neue Weg finden. Die Bilder sind wie das Leben. Die Sehnsucht, ohne Worte auszukommen, bringt mich in Zonen sinnlicher Wahrnehmung, wo sich die erkennende Seele tiefer und menschlicher ausdrückt als der Verstand"
Günter Rocznik, Ausstellungskatalog 2004
Roczniks künstlerische Welt beinhaltet – neben der Auseinandersetzung mit Natur und Umwelt – Bilder von Menschen in der Menge und auf der Suche nach Identität sowie plastische Arbeiten mit gesichtslosen Figuren, Kreuzen und Schuhen, aus T-Shirts und anderen Textilien, plattgefahrenen Dosen und skurrilen Fundstücken als Archäologie der Neuzeit. Er hat Opern-Bühnenbilder geschaffen und Collagen gegen Rechtsradikalismus, Werkgruppen sind Schiffe auf dem Mittelmeer, zuletzt Madonnen und tanzende Vogelscheuchen.
Bereits als Schüler war er mit Malutensilien per Anhalter in Europa unterwegs und ließ sich von anderen Kulturen inspirieren. 1978 hatte er sein künstlerisches „Coming-Out“. Nach Fertigstellung seiner Diplomarbeit schloss er sich zwei Wochen in seiner Würzburger Hinterhof-Wohnung ein und malte Tag und Nacht. Anschließend machte er sich auf den Weg nach Paris, zeigte seine Bilder u.a. auf dem Platz vor dem Centre Pompidou und konnte erste Gemälde verkaufen. Anfang der 1980er-Jahre rückte das Schreiben vorübergehend in den Vordergrund, er veröffentlichte Gedichtbände und Reiseberichte (Türkei, Nicaragua etc.). Außerdem beschäftigte er sich mit Möbeldesign, Restaurierungen (z.B. dem Christuskorpus am Friedhof in Gleisenau) und entwickelte einen Malautomaten.
Günter Rocznik verwendet auch die Pseudonyme „Nick Rosch“ und „Paul Müller-Mattsee".
Künstlerische
Stationen
T-SHIRTS UND ANDERE STOFFE AUS MITTELAMERIKA: Die T-Shirts, vornehmlich aus Nicaragua, sind ein Spiegel des politischen und sozialen Zeitgeistes der 1980er-Jahre. Im Mittelpunkt steht zuerst das Objekt, das möglichst realistisch wiedergegeben wird. Im künstlerischen Prozess wird es immer mehr verfremdet und taucht zuletzt nur als Bilduntergrund auf.
Für DIE FARBE BLAU IN DER SEHNSUCHT ist das Experimentieren mit Farbe Grundlage. Verschiedene Blautöne werden mit anderen Substanzen gemischt, das Ergebnis ist ein einzigartiger Farbton. Es entstehen Landschaften, Portraits, Akte, die häufig in Textcollagen eingearbeitet sind und wieder übermalt werden. Die Textfragmente – „als ich dich noch nicht liebte, schlief ich ein, wo ich mich hinlegte, aber jetzt, wo ich dich liebe, kann ich keine Ruhe finden…“ – treten in Dialog mit der Farbe Blau.
In dem Projekt DER SCHUH DER ROSA KLARMANN werden künstlerische mit heimatkundlichen und kulturhistorischen Aspekten verbunden. Abgetragene Schuhe erzählen Geschichten, z.B. über Modestile und das Leben der BesitzerInnen. Und sie regen beim Betrachten zu Assoziationen oder eigenen Erinnerungen. Durch ihre Archivierung, Verfremdung und Gestaltung entstehen „Schuhplastiken“.
Die Serie ZEITREISE beinhaltet Fundstücke, die achtlos auf der Straße weggeworfen werden und ist eine Art Archäologie des 20. Jahrhunderts. Überreste menschlicher Alltagskultur werden zum Zeugnis der Veränderbarkeit und zu stillen Zeugen der Zeit. Die Objekte, meisten plattgefahrene Getränkedosen, oft von Verwitterung geprägt, werden nach Ort und Datum archiviert, im Atelier mit dem Malgrund verbunden bzw. eingearbeitet. Dann folgt die farbliche Fassung. So entstehen Bilder von Fundorten und Reisen, von gegenwärtigen und vergangenen Landschaften.
SEHNSUCHT UND GLAUBE war der Titel einer Ausstellung, die 2008 in der Städtischen Galerie in Lwiw, Ukraine, stattfinden sollte, gefördert von der damaligen Bundestagsvizepräsidentin und der Deutschen Botschaft in Kiew. Es waren vierzig Papierarbeiten mit dem Motiv des Kreuzes und dem Korpus eines Gekreuzigten als Symbol für die Fragilität der Menschheit, aber auch für Hoffnung, Toleranz und Gewaltlosigkeit. Die ukrainischen Zollbehörden verweigerten die Herausgabe des per Post gesandten Pakets trotz Intervention vor Ort. Erst durch die Vermittlung des Deutschen Generalkonsulates konnten die Bilder zurückgeschickt werden. Die Ausstellung fand dann in Fürth/Bayern statt.
Der Themenbereich TRISTAN UND ISOLDE hat einen autobiografischen Hinterpunkt: Die unmittelbare Nähe zu Richard Wagner und dem Bayreuther Festspielhaus in der Kindheit und Jugend wurde in dieser Reihe von Bühnenbildern und Opernbildern künstlerisch umgesetzt. Die Arbeiten waren lange Jahre von einer Galeristin vor Ort ausgestellt und fanden beim Publikum große Beachtung.
OBJEKTKUNST ZWISCHEN PLASTIK UND MALEREI entsteht als eine Materialmontage: Zum Beispiel wird ein Kreuz auf einen stabilen Untergrund, etwa eine alte Tür, montiert und mit Spachtelmasse gestaltet. Zu grelle Farbtöne werden durch einen verdünnten Farbauftrag überdeckt. Durch die Schichten von Farben entsteht eine räumliche Tiefe und auf der Oberfläche erscheint zugleich ein Mikrokosmos, denn flüchtig wechselnde und variantenreiche Farbschattierungen entstehen und kommunizieren miteinander.
Im Rahmen der Verbindung von Musik und Bildender Kunst fanden zwischen 2003 und 2012 zahlreiche IMPROVISATIONSKONZERTE zu den Arbeiten Roczniks statt. Professionelle MusikerInnen, meist eine Pianistin und eine Cellistin, musizierten gemeinsam mit MusikschülerInnen.
Die KRANKHEITSBILDER sind eine kurze Schaffensphase während einer individuellen Leidensgeschichte. Sie sind persönlich, hilfreich und heilend. Eine Zeitung titelte: „Endstation Grenzerfahrung".
HINSCHAUEN – WEGSCHAUEN aus den Jahren 2013/14 sind Gemälde und Collagen zum Thema „Rechtsextremismus“. Propagandamaterial wurde übermalt und verfremdet. Aus der ursprünglichen Botschaft entstand ein Appell an die Menschlichkeit. 2015 folgte KREUZFAHRT AUF DEM MITTELMEER, eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Situation geflüchteter Menschen auf dem Weg nach Europa.
DIE NEUEN KREUZPASTIKEN entstanden ab 2016 überwiegend im Atelier des Asylbewerberheimes. Der Korpus am Kreuz löst sich aus dem christlichen Kontext und verkörpert die Fragilität des Individuums, oft ausgemergelt von Verfolgung und Flucht. Das Individuum lebt und versucht, sich vom irdischen Leid zu befreien.
(„Von der Fragilität menschlichen Seins – Im Zeichen des Kreuzes“, Text von Irene Ferchl zur Ausstellung 2022)
KREUZWEG. IM DSCHUNGEL DER GROSSSTADT entstand als Künstlerbuch-Unikat während der Corona-Zeit.
BISMARCKSTRASSE 20, die Adresse des Asylbewerberheims, ist Titel einer Serie
von Arbeiten, in deren Mittelpunkt der Mensch in der Menge und seine Suche nach dem Platz in einer fremden Gesellschaft steht.
Den ebenfalls dort entstandenen Text „Bismarckstraße 20 – Außentreppe“ präsentierte Rocznik in der Literaturlesereihe im Kunsthaus Bild+Wort im November 2022.
TANZ DER VOGELSCHEUCHEN aus dem Jahr 2023 ist eine Serie von kleinformatigen Tuschzeichnungen.
MEIN WEG NACH CHILE, 75 Ölskizzen auf Fotopapier
Ausstellungen
Als ich das letzte Mal glücklich war..." Schuhe erzählen Geschichte(n) | 2024 | Salach |
Schiffskulpturen | 2023 | Göppingen |
Augenblicke – Tanz und Bewegung (Beteiligung) | 2023 | Salach |
Mein Sommer in einem See von Rot | 2023 | Salach |
Beteiligung an der Ausstellung Kunst zum literarischen Herbst | 2022 | Salach |
Ich bin Kunst (Jugendkunstprojekt) | 2022 | Salach |
Von der Zerbrechlichkeit menschlichen Seins. Kreuzbilder und -plastiken | 2022 | Salach |
Zeitreise Haßfurt/Salzburg/Eckental/Stuttgart | 2019 | Eckental |
Sehn-Sucht-Bild (Beteiligung) | 2018 | Eckental |
Raus aus dem Depot (Beteiligung) | 2018 | Eckental |
Der Schuh der Rosa Klarmann (mit Improvisationskonzert) | 2018 | Giching |
Kreuze | 2017 | Königsberg |
Kindermalwerkstatt im Asylbewerberheim | 2017 | Eckental |
…in mir blutet die Zeit (Konzeptentwicklung) | 2016 | Pfarrweisach |
Dialog im Kreuz (Eröffnungsveranstaltung Kunststück) | 2016 | Hofheim |
Willkommen im Abendland | 2015 | Pfarrweisach |
Ideenreich (Beteiligung) | 2015 | Hassfurt |
Reise in die Vergangenheit (Psychiatrie Plagwitz a. d. Bober 1942) | 2015 | Plakowiece/Polen |
Günter Rocznik und Nick Rosch | 2015 | Forchheim |
Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer | 2015 | Pfarrweisach |
Kreuz für die Opfer der Nazi-Psychiatrie auf dem vergessenen Friedhof | 2015 | Plakowiece/Polen |
Hinschauen-Wegschauen Dokumentationszentrum Zeiler Hexenturm | 2014 | Zeil |
Unterrichtstätigkeit Friedrich-Rückert. Gymnasium Ebern | 2014 | Ebern |
Endstation Grenzerfahrung | 2013 | Pfarrweisach |
Hinschauen – Wegschauen: Gemeinsam gegen Rechtsradikalismus | 2013 | Ebern |
Stationen | 2013 | Pfarrweisach |
Kunstgarten Dorndorf | 2012 | Dorndorf |
Der Klang der Farben (Improvisationskonzert mit Gemälden) | 2012 | Pfarrweisach |
Malautomat | 2011 | Pfarrweisach |
Kunstmesse | 2011 | Eltmann |
Im Rausch der U-Bahn | 2010 | Pfarrweisach |
Revolutionen des Alltags | 2010 | Pfarrweisach |
Werkschau Jena | 2009 | Jena |
Musikalische Improvisation und Gemälde | 2009 | Pfarrweisach |
Stationen des Lebens | 2008 | Eckental |
Sehnsucht und Glaube | 2008 | Fürth |
Reise nach Bayreuth | 2008 | Bayreuth |
ART Kronach | 2007 | Kronach |
Zeitreise | 2007 | Kronach |
Konzeptentwicklung Sehnsucht und Glaube mit Unterstützung der deutschen Botschaft Kiew | 2007 | Kiew |
Wettbewerb von Künstlern aus Lviv | 2007 | Lviv |
Der Schuh der Rosa Klarmann(mit musikalischer Improvisation) | 2006 | Pfarrweisach |
Stationen des Lebens | 2004 | Eisfeld |
Zeitreise | 2004 | Pfarrweisach |
Der Schuh der Rosa Klarmann (Schuhe als Kunstobjekte) | 2003 | Pfarrweisach |
Begegnungen | 2002 | Ebern |
Stationen des Lebens (mit Konzert) | 2002 | Ebern |
Stationen des Lebens | 2001 | Untermerzbach |
Als der erste Schnee im letzten Jahrhundert fiel | 2000 | Ebelsbach |
Kunstautomat | 2000 | Ebelsbach |
Groh & Rocznik | 1999 | Jena |
Die Farbe Blau in der Sehnsucht (Harth & Rocznik) | 1999 | Ebelsbach |
Kunst im Amt | 1999 | Ebelsbach |
T-Shirts und andere Stoffe als Kunstobjekte | 1993 | u. a. in Bamberg; Schweinfurt; Jena |
Collagen zum Thema Ausländerfeindlichkeit | 1991 | Schweinfurt |
Nicaragua – Land und Leute (Fotos) | 1989 | Mühlhausen |